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Insolvenz des IT-Providers: Ein triftiger Kündigungsgrund für den Vertragspartner?
Insolvenz des IT-Providers: Ein triftiger Kündigungsgrund für den Vertragspartner?
5. Juni 2024

IT-Provider in der Insolvenz: Was nun?

Die Insolvenz eines IT-Providers kann gravierende Auswirkungen für den Vertragspartner nach sich ziehen. Dies kann unter Umständen im Extremfall, dazu führen, dass es aufgrund von nicht mehr durch den IT-Provider erbrachten IT-Services zu Produktionsausfällen beim Vertragspartner kommt und er infolgedessen selbst in eine schwierige wirtschaftliche Situation geraten kann.

Es ist ein weit verbreiteter Irrglaube, dass die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beim IT-Provider einen triftigen Grund für eine fristlose Kündigung des Vertrages darstellt.

Allein die Insolvenz stellt keinen hinreichenden Grund für eine außerordentliche Kündigung dar. Dies gilt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung selbst dann, wenn Auftraggeber und IT-Provider in dem zugrundeliegenden Dienstleistungsvertrag ausdrücklich die Eröffnung des Insolvenzverfahrens als wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung vereinbaren. Gemäß der Rechtsprechung wird eine solche Klausel als unwirksam angesehen, da sie das Entscheidungsrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 Insolvenzordnung unterläuft, ob er bestehende Verträge weiterführen möchte oder nicht. Der Insolvenzverwalter hat die Aufgabe, die Interessen der Gläubiger wahrzunehmen, insbesondere dabei die Masse zu mehren und nicht zu schmälern. Daher wird er im Rahmen seines Wahlrechts die Weitererfüllung nur dann wählen, wenn damit die Masse erhöht wird – andernfalls wird er die Verträge nicht weiter erfüllen. Mögliche Schadensersatzforderungen aufgrund der Nichterfüllung kann der Vertragspartner dann nur über die Insolvenztabelle anmelden.

In einem solchen Falle hilft dem Auftraggeber nur den Insolvenzverwalter aufzufordern, sein Wahlrecht gem. § 103 Insolvenzordnung auszuüben. Dabei muss der Insolvenzverwalter gemäß Gesetzeswortlaut unverzüglich die Erfüllung erklären, soweit er diese wählt. Soweit Indikationen vorliegen, dass der Insolvenzverwalter die Nichterfüllung wählen wird, bleibt dem Auftraggeber nur die Möglichkeit, dem Insolvenzverwalter zu signalisieren, dass er bereit sei, über die Konditionen zu verhandeln, damit der Insolvenzverwalter die Erfüllung wählt und die Fortführung der IT-Leistungen erstmal gesichert wird.

Präventive Maßnahmen zur Minderung der Risiken durch Insolvenz von IT-Providern

Besser ist es für den Auftraggeber allemal, wenn er versucht, schon im Vorfeld sich gegen den Eintritt eines solchen Risikos zu schützen, insbes. auch mit dem IT-Provider Bestimmungen vereinbart, die „insolvenzfest “ sind:

  • Eine Klausel, die zur Kündigung berechtigt, aber nicht ausdrücklich und alleine auf die Eröffnung der Insolvenz abstellt, sondern allgemeiner darauf abstellt, dass das Vorliegen bestimmter Indizien es nahelegen, dass der IT-Provider seinen vertraglichen Verpflichtungen künftig nicht mehr erfüllen kann und eine Abwägung der Interessen, zwischen denen des Auftraggebers und denen des IT-Providers es vernünftigerweise vom Auftraggeber nicht erwartet werden kann am Vertrag weiter festzuhalten.
  • Daneben hilft auch eine sorgfältige Auswahl des Providers vor Vertragsschluss – auch im Hinblick auf dessen finanzielle Stabilität und eine fortlaufende Kontrolle, um rechtzeitig Gegenmaßnahmen ergreifen zu können.
  • Eine von der Muttergesellschaft gegenüber dem Auftraggeber abgegebene harte Patronatserklärung, wonach diese sich rechtsverbindlich verpflichtet, den IT-Provider (Tochter) so auszustatten, dass dieser seinen vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem Auftraggeber vollumfänglich nachkommen kann (harte externe Patronatserklärung) hilft im Insolvenzfall des IT-Providers nur soweit, dass sie einen direkten Schadensersatzanspruch des Auftraggebers gegenüber der Muttergesellschaft begründet, beseitigt aber nicht die Insolvenz des IT-Providers.

Proaktive Überwachung des IT-Providers: Warnsignale und Erkennungszeichen für eine drohende Insolvenz

Ein fortlaufendes Monitoring, das regelmäßig Bewertungen und Analysen der Lieferantenbeziehungen umfasst, ist entscheidend, um die eigene IT-Infrastruktur und die damit verbundenen Geschäftsprozesse abzusichern. Auf folgende Anzeichen sollte geachtet werden, um eine Krise des IT-Providers frühestmöglich zu entdecken: 

  • Verspätete Leistungen: Wenn IT-Produkte oder Dienstleistungen häufiger verspätet geliefert werden, kann dies auf interne Schwierigkeiten beim Provider hinweisen.
  • Qualitätsprobleme: Eine plötzliche Verschlechterung der Qualität von Produkten oder Dienstleistungen ist oft ein Indikator für Kosteneinsparungen oder Probleme in der Produktion.
  • Finanzielle Unregelmäßigkeiten: Verzögerte Rechnungsstellungen oder unerwartete Preiserhöhungen können auf finanzielle Instabilität hindeuten.
  • Änderung in der Geschäftsführung: Häufiger Wechsel im Management können Unsicherheit und eine unklare strategische Ausrichtung signalisieren.
  • Kommunikationsprobleme: Wenn der IT-Provider weniger kooperativ wird und es an Transparenz mangelt, sollte dies als Warnsignal wahrgenommen werden.
  • Negative Branchennachrichten: Berichte über Schwierigkeiten in der Branche oder bei vergleichbaren Unternehmen sollten nicht ignoriert werden, da sie oft ein Zeichen für interne Unruhen sind.

Sind Sie auf eine mögliche Insolvenz Ihres IT-Providers vorbereitet?

Eine solide Vorbereitung und präventive Maßnahmen sind entscheidend, um Ihre IT-Infrastruktur gegen mögliche Insolvenzen abzusichern. Als erfahrene Managementberatung für IT-Sourcing unterstützen wir Sie dabei Risiken frühzeitig zu erkennen und Ihre Verträge „insolvenzfest“ zu gestalten.

Unsere Leistungen im Überblick:

  1. Vertragsanalyse und -angebot: Wir prüfen Ihre bestehenden Verträge und gestalten neue Vertragsklauseln, die Sie vor den Folgen einer Insolvenz schützen.
  2. Risikobewertung und Prävention: Wir analysieren die finanzielle Stabilität Ihrer IT-Provider und entwickeln präventive Maßnahmen.
  3. Proaktive Überwachung: Mit regelmäßigen Bewertungen und Analysen der Lieferantenbeziehungen helfen wir Ihnen, Warnsignale für eine drohende Insolvenz frühzeitig zu erkennen und rechtzeitig Gegenmaßnahmen zu ergreifen.
  4. Krisenmanagement: Sollte es zur Insolvenz eines IT-Providers kommen, unterstützen wir Sie bei der Verhandlung mit dem Insolvenzverwalter und der Sicherstellung der Fortführung der IT-Dienstleistungen.

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